Farbkreisreise 2025 – goldener Dezemberschluss

26. Dezember 2025

Eine Schildkröte sitzt auf der Schulter einer Person mit goldgerissener Lederjacke; Symbol für langsame Heilung, inneren Schutz und transformierten Körperpanzer.

Liebe*r Couchgalerie-Besucher*in!

Farbkreisreise – ein Jahr in Farbe

Vielleicht bist du auch schon einmal einer Farbe begegnet, ohne es geplant zu haben – sie hat dich gefunden, nicht umgekehrt.
So ging es mir 2025, als ich an der Farbkreisreise von Susanne Heinen teilgenommen habe: eine kreative Einladung, Monat für Monat einer Farbe Raum zu geben. Nicht als Aufgabe, sondern als Spurensuche. Malend, schreibend, betrachtend. 

Susanne lädt ein, mit Farbe ins Leben zu gehen. Offen. Intuitiv. Ohne Anspruch auf Perfektion, aber mit viel Erlaubnis, ganz im eigenen Erleben zu bleiben.
Jede Farbe öffnet ein Fenster – zwischen Innen und Außen, zwischen Sehen und Spüren. Was sich zeigt, ist oft mehr als nur ein Ton. Es ist eine Stimmung. Ein Spiegel. Ein Moment.

Und nun, im Dezember, am Ende dieser Reise, steht die Farbe Gold.
Warm, leuchtend, erinnernd.
Gold sammelt, was war. Es wirft ein Licht auf das, was bleiben darf. Und vielleicht fragst auch du dich beim Betrachten:
Was ist sichtbar geworden in diesem Jahr?
Und was leuchtet weiter – in dir – auch jenseits der Farbe selbst?

Ich beginne dort, wo vieles verlockend scheint: im äußeren Glanz.

In Gold baden

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Ein Ausdruck, der schimmert. Er spricht von Fülle, von Hingabe, vom Empfangen. Von einem Reichtum, der mehr ist als Besitz – vielleicht ein inneres Überfließen, ein Zustand des Sich-Erlaubens. Sich versorgen lassen, von Licht, von Wärme, von etwas, das trägt.

Gold – Symbol der Reinheit, der Veredelung, der Unvergänglichkeit. In der Alchemie war es das Ziel, das Unedle zu verwandeln. Nicht nur Metalle – auch der Mensch. Das Goldene als Zustand nach der Wandlung.

In diesem Bild taucht eine Frau aus einem goldenen Bad empor. Nicht gehetzt, nicht herausgerissen – sondern aufgerichtet. Sie entsteigt dem Glanz, als trüge sie etwas davon weiter in sich. Eine Erinnerung an Licht. Eine Berührung. Vielleicht auch eine Entscheidung.

Gold kann auch Haut sein. Glänzend, berührt, verändert. Gold kann über Brüche fließen, über Risse, über das, was einmal ganz war und jetzt anders zusammenhält. Die nächsten Bilder erzählen davon. Vom Körper als Gefäß. Vom Panzer, der schützt – und reißt. Und davon, wie durch diese Risse etwas hindurchscheint, das nicht zerstört wurde: Gold.

Vom Gold geboren – zum Gold geworden

Die erste Frau badet in Gold. Vielleicht wurde sie darin geboren.
Manche Menschen scheinen das Licht schon mitzubringen – als sei ihnen der Glanz in die Wiege gelegt worden. Der goldene Löffel, das sichere Netz, der Platz am warmen Feuer. Es wirkt leicht, mühelos, selbstverständlich. Vielleicht ist es das auch.

Und dann sind da andere. Frauen wie ich.
Nicht mit Gold geboren, sondern mit Fragen.
Nicht in Fülle aufgewachsen, sondern im Mangel.
Nicht gebadet – sondern gestrampelt. Gearbeitet. Gesucht.
Und immer wieder versucht, das Licht zu halten, wenn es dunkel wurde.

Für uns kommt das Gold nicht von außen.
Es entsteht durch die Risse. Durch die Brüche.
Es glänzt nicht sofort – aber es leuchtet, wenn wir es tragen.

Das Gold unter der Haut

Eine reife Frau mit ruhigem Blick und goldenen Rissen auf der Haut; auf ihrer Schulter sitzt eine Schnecke – Sinnbild für Verletzlichkeit, Schutz und sanften Neubeginn.

Die zweite Frau taucht nicht aus Gold empor. Sie trägt es in sich.
Ihr Körper ist ruhig, würdevoll, still – doch ihre Oberfläche erzählt.
Tiefe Linien durchziehen sie wie Erinnerungen, eingraviert in Haut, Geschichte, Leben.
Nicht glatt, nicht makellos – aber offen. Offen genug, dass Gold hindurchscheint.

Der Körperpanzer, wie ihn Wilhelm Reich beschrieb, war einst Schutz.
Ein Gürtel aus Spannung, aus Zurückhaltung, aus festgehaltenem Schmerz.
Er sollte bewahren – vor Überwältigung, vor Verletzung, vor dem Zuviel.
Doch was schützt, kann auch einengen. Was hält, kann auch hemmen.
Diese Frau zeigt: Der Panzer muss nicht abgeworfen werden. Er darf sich verwandeln.
Nicht mehr starr und unsichtbar – sondern rissig, durchlässig, lebendig.
Und aus den Rissen tritt Gold.

Die Risse sind keine Brüche mehr. Sie sind Durchgänge.
Durch sie leuchtet etwas, das früher verborgen war: nicht Schwäche, sondern Wahrheit. Nicht Schmerz, sondern das, was ihn überlebt hat.

Auf ihrer Schulter: eine Schnecke.
Langsam. Leise. Schutz in Bewegung.
Ein anderes Bild von Panzer: nicht starr, sondern lebendig. Rückzug und Wiederkehr, beides möglich.
Sie sitzt dort nicht zufällig. Sie gehört dazu – zur Frau, zur Geschichte, zum Gold.

Vielleicht ist das der wahre Luxus:
Nicht im Gold zu baden – sondern es in sich zu tragen, genau dort, wo man einmal verletzt war.

Kintsugi – Schönheit in der Bruchlinie

Porzellan-Torso einer Frau mit sichtbaren goldenen Rissen, inspiriert von der japanischen Kintsugi-Technik; Symbol für Heilung und innere Stärke.

Was bei der Frau mit der Schnecke von innen zu leuchten beginnt, findet in der japanischen Kunstform Kintsugi eine äußere Entsprechung.

Zerbrochene Gefäße werden nicht kaschiert, sondern sichtbar repariert – mit Lack und feinem Gold. Die Risse bleiben. Sie werden sogar hervorgehoben. Was zerstört war, wird nicht versteckt, sondern veredelt. Die Bruchstelle ist kein Makel, sondern eine neue Linie in der Biografie des Objekts.

Es ist eine Geste der Achtung: vor dem, was war, und dem, was möglich bleibt.
Ein Riss bedeutet nicht das Ende – er kann Anfang eines neuen Ausdrucks sein. Schönheit nicht trotz, sondern wegen der Verletzung.

Während in den vorherigen Bildern das Gold von innen aufbricht, zeigt dieses Gefäß das Gold von außen – wie ein behutsamer Versuch, etwas Zerbrochenes zu halten.
Nicht als Täuschung, nicht als Rückkehr zum Vorher, sondern als würdige Weiterführung. In der äußeren Spur der Reparatur liegt eine stille Würde.

Vielleicht brauchen wir beides:
Die Risse, durch die etwas Neues leuchtet.
Und den Mut, die Bruchlinie sichtbar zu machen.

Die Hüterin

Eine Schildkröte sitzt auf der Schulter einer Person mit goldgerissener Lederjacke; Symbol für langsame Heilung, inneren Schutz und transformierten Körperpanzer.

Am Ende tritt sie auf: die Schildkröte.
Langsam. Schwer. Ganz bei sich.
Sie sitzt auf der Schulter der Frau wie ein stilles Zeichen – ein Tier aus einer anderen Zeit. Ein Panzerwesen, das nicht hart wirkt, sondern präsent. Nicht abwehrend, sondern wachsam.

Die Frau trägt eine Jacke – Leder, gerissen, von goldenen Linien durchzogen.
Auch das ist ein Panzer. Aber ein anderer.
Kein Schild gegen die Welt, sondern ein Zeugnis.
Er zeigt, was getragen wurde. Was geschmerzt hat. Und was sich verwandelt hat.

Die Schildkröte ist keine Last.
Sie ist eine Begleiterin. Vielleicht ein innerer Wächter. Vielleicht ein Symbol für das, was bleibt, wenn alles andere sich wandelt:
die Fähigkeit, langsam zu werden. Sich zu schützen, ohne sich zu verschließen.
Sich selbst zu tragen – mit Würde, mit Gewicht, mit Anmut.

In ihr bündeln sich alle Bewegungen dieser Serie:
Das Gold, das durch Risse scheint.
Der Panzer, der nicht nur schützt, sondern erzählen darf.
Das Tempo, das sich vom Außen löst.
Und das Leben, das weitergeht – Schritt für Schritt, Atem für Atem.

Vielleicht ist sie nicht das Ende.
Vielleicht ist sie der Anfang einer anderen Art, ganz zu sein.

Liebe*r Couchgalerie-Besucher*in!

Hier endet meine Farbkreisreise

Mit dem goldenen Dezember schließe ich meine Teilnahme an der Farbkreisreise von Susanne Heinen ab.
Zwei Jahre lang bin ich den Farben gefolgt – habe gesehen, gesammelt, gemalt, verwandelt.
Jede Farbe hat ihre eigenen Themen mitgebracht, ihre eigenen Fragen, ihre eigene Tiefe.

Ich nehme viel mit: Töne, Spuren, Erinnerungen.
Und ein stilles Wissen darum, dass Farbe mehr ist als Oberfläche – sie kann auch Biografie sein.

Nun ist es Zeit, innezuhalten.
Ich gehe nicht weiter – nicht aus Müdigkeit, sondern aus Stimmigkeit.
Der Kreis ist rund geworden.

Was kommt, weiß ich noch nicht.
Aber das Gold – das nehme ich mit.

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  1. Liebe Silke. Ich hoffe, du hattest schöne Feiertage. Habe ich dir schon einmal geschrieben, wie sehr mich deine Texte zu den Bildern begeistern und berühren? Du bist wirklich vielbegabt. Deine Art zu schreiben empfinde ich als sehr poetisch. Deine Interpretation der Fafbe Gold spricht mich sehr an. Vor allem das von innen heraus brechen. Die Assoziation mit dem Panzer und was darunter hervortreten will. Das Bild „mit der Schnecke“ hat es mir hierbei am meisten angetan. Der Blick der Frau…
    Ich bin gespannt, wie sich deine Vielbegabung als Nächstes zeigen wird. Ich selbst werde mal auf Susannes Seite stöbern. Vielleicht ist das ja mit den Farbkreisen auch was für mich.
    Komm gut rüber ins nächste Jahr!
    KG,
    Christine

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