Auferstanden, Teil 4: Tierkunst – Tod – Grenzmomente
27. September 2025

Liebe*r Couchgalerie-Besucher*in!
Triggerwarnung
In diesem Beitrag geht es um den Tod kleiner Tiere. Es werden Fotos toter Tiere gezeigt (z. B. verendet, überfahren, aus dem Nest gefallen) sowie KI-generierte Bilder, die aus diesen Fotos entstanden sind. Wenn du dich gerade in einer emotional verletzlichen Phase befindest oder der Anblick toter Tiere dich stark belastet, lies diesen Beitrag bitte nur, wenn du dich stabil fühlst. Die Bilder sind würdevoll, aber können durch ihre Deutlichkeit emotional herausfordernd sein. Bitte entscheide selbst, ob du weiterlesen möchtest.
Manchmal liegen sie einfach da.
Am Wegesrand, zwischen Steinen, auf Waldpfaden oder im Laub.
Nicht gesucht. Und doch gefunden.
Kleine Tiere – tot, verlassen, zerfallen. Spuren von Leben, das schon gegangen ist.
Ich halte inne, manchmal nur für einen Moment.
Und manchmal nehme ich sie mit – nicht körperlich, sondern im Bild.
In der Kamera. In der Erinnerung.
Und später, in der künstlerischen Auseinandersetzung mit der KI.
Was dabei entsteht, sind keine Abbilder.
Und auch keine Antworten.
Aber vielleicht Annäherungen.
An das, was vergeht.
Und an das, was in uns zurückbleibt, wenn wir genau hinsehen.
Dieser Beitrag ist Teil 4 meiner Serie „Auferstanden“.
In den vorherigen Teilen ging es um das abgezogene Wildschweinfell, um eine tote Maus, um das Bild eines Eichhörnchens, das es nicht geschafft hat – und um viele Zwischenräume, in denen aus Schmerz und Staunen neue Bilder entstanden.
Auch heute geht es um genau solche Grenzmomente.
Funde am Rand – drei Blicke auf Tod, Wandel und Fragmente
Der Frosch: Zwischen Vorahnung und Verhängnis
Ich fand ihn auf dem Schotterweg, neben einem Feld.
Flach, grau, lehmverkrustet. Kaum mehr als ein Schatten seiner selbst.
Vielleicht war es ein Traktor, vielleicht ein schwerer Reifen, der ihn erwischt hat.
Aber das Bild ließ mich nicht los. Und mit ihm die Frage:
Was wäre gewesen – einen Moment vorher?
Im KI-Bild ist dieser Moment eingefroren:
Der Frosch, nicht idealisiert, sondern wuchtig, wach, voller Spannung.
Er sieht – das Rad.
Und wir wissen: Es ist zu spät.
Aber er lebt noch. Noch.
Erdnah: Die Blindschleiche
Ich sah sie im Vorbeigehen.
Eine Blindschleiche, leblos, leicht verdreht, auf grobem Kies.
Sie lag da, hat sich ergeben.
Hier wird nichts mehr weiterkriechen.
Es sind Momente wie diese, in denen sich Zeit und Bedeutung ineinanderschieben.
War sie auf dem Weg zur anderen Seite des Weges? Hatte sie Wärme gesucht, in den letzten Sonnenstrahlen?
Ich habe sie fotografiert. Und bin weitergegangen.
Einige Tage später wollte ich ihr Bild verwandeln.
Ich gab es der KI – Prompt: Lass sie sich in einer weiblichen, natürlichen Hand kringeln und das kam zurück.
Die Blindschleiche liegt nun auf einer Hand.
Einer menschlichen Hand, halb aus der Erde gehoben, blass, fast leblos, wie von der Natur selbst zurückgegeben.
Und darauf – nicht einfach ein Reptil, sondern ein Wesen aus metallischem Blau und stiller Wachheit.
Ein Geschöpf der Schwelle.
Ich sah es – und wusste: Diese Hand könnte von einem eingegrabenen Menschen stammen.
Oder aus einem Traum.
Oder aus der Erde selbst, die in uns wohnt.
Das Bild ist nicht eindeutig, nicht tröstlich, nicht klar.
Aber es hat mich berührt.
Etwas wird gehalten. Vielleicht für einen letzten Moment – oder für eine nächste Form.
Die Blindschleiche liegt nicht einfach auf dem Boden.
Sie ruht in einer Hand, die aus der Erde wächst –
als würde jemand aus dem Grab noch einmal berühren,
halten, ehren.
Ein stilles Memento an alles, was vergeht.
Und bleibt.
Federn, Knochen, ein Bein
Es war kein Fund wie die anderen. Hier lag kein stiller Körper am Wegesrand. Kein Tier, das vielleicht einfach aufgehört hatte zu leben. Hier lagen Überreste. Federn, Knochen, ein gelbes Bein – wie achtlos hinterlassen. Die Szene war brutal und roh. Und sie hat mich besonders getroffen.
Ich vermute, es war ein Huhn. Und vielleicht hat mich gerade das so erschüttert. Denn ich selbst bin Hühnerhalterin.
Meine Hühner leben in einem geschützten Gehege in der Stadt. Aber auch hier gibt es jagende Tiere – Marder, Füchse, Greifvögel. Die Wildnis macht vor Stadtgrenzen keinen Halt.
Mich hat auch bewegt, wie weit das jagende Tier wohl mit seiner Beute gelaufen ist. Vom Dorf hinaus, in den Wald hinein. Bis hierher. Und ich habe mich gefragt, ob es satt geworden ist. Oder einfach gestört wurde.
Was ich weiß:
Meine eigenen Hühner, meine toten Tiere, würde ich niemals für diese Art von künstlerischer Verwandlung verwenden. Es wäre für mich nicht stimmig. Nicht richtig. Dafür ist die Beziehung zu ihnen zu nah. Zu lebendig. Und vielleicht auch: zu traurig.
Und doch wollte ich diesen Ort, dieses Bild nicht einfach ignorieren. Ich habe es fotografiert – und dann, mit Hilfe der KI, in etwas anderes verwandelt:
Ein Skelettwesen, umgeben von weißen Federn.
Wie ein Totem, aufrecht, halb Mensch, halb Huhn.
Ein wenig gespenstisch. Und auch grotesk.
Aber vielleicht genau deshalb: ein Echo auf das, was da geschehen ist.
Kein Abbild. Keine Verharmlosung.
Sondern ein Versuch, zu verwandeln, ohne zu beschönigen.
Liebe*r Couchgalerie-Besucher*in!
Es waren kleine Funde, scheinbar nebensächlich.
Und doch haben sie sich eingebrannt.
Nicht, weil sie besonders spektakulär waren – sondern weil sie mir begegnet sind, in Momenten, in denen ich offen war für das, was sonst oft übersehen wird.
Manchmal fotografiere ich einfach, weil ich nicht anders kann.
Manchmal weil ich nicht vergessen will.
Und manchmal, um zu begreifen.
Was diese Bilder zeigen, ist kein neues Leben –
aber vielleicht ein anderer Blick auf das, was bleibt.
Ein nächster Teil ist nicht ausgeschlossen.
Denn ich finde sie immer wieder:
Diese stummen Zeugnisse von Leben.
Diese Fragmente, die Geschichten erzählen.